Der nachfolgende Artikel ist erschienen in: Biologie in der Schule 48 (1999) 2. - S. 81-83
Der folgende Artikel ist ein Vorschlag für eine Stunde in einer 5. Klasse, in der es um den Zusammenhang zwischen Materialeigenschaften und Funktion geht. In der vorausgegangen Stunde wurden am eigenen Körper Knochen und Knorpel ertastet, mit dem künstlichen Skelett verglichen, die restlichen Knochen an dem Modell untersucht und alle Skelettelemente mit Abbildungen auf einem Arbeitsblatt verglichen. Diese vorhergehende Stunde enthielt auch schon erste Bewegungsanalysen.
Anschließen könnte sich eine Stunde, in der mit Hilfe von Funktionsmodellen untersucht wird, wie die Anordnung des Materials ( Röhrenknochen, Knochenbälkchen ) zur Festigkeit beiträgt; es würde der Zusammenhang von Form und Funktion untersucht. Falls die Zeit knapp ist, schließen sich gleich weitere Bewegungsanalysen an.
Der Ablauf der Unterrichtsstunde ist in der Abbildung ( = Grundlage für das Tafelbild ) schematisch zusammengefaßt. Die Versuche werden vom Lehrer durchgeführt, da sie in dieser Altersstufe für Gruppenarbeit zu gefährlich sind. Die Materialeigenschaften der behandelten Knochen werden aber von jedem Kind in Einzelarbeit untersucht, da jeder die beiden Knochen haben möchte und da jeder auch selbst die Untersuchung durchführen sollte. Jedes Kind darf den "Gummiknochen" behalten; das regt zu einem Gespräch mit Eltern und Geschwistern an.
Als Hausaufgabe haben die Schülerinnen und Schüler der Klasse 5a (Schuljahr 2000 / 2001)den Versuch protokolliert. Aus den vielen Bildern wurden einige Darstellungen ausgewählt.
Sechs Speichen eines Huhns benötigt man für den Demonstrationsversuch; eine Speiche und eine Elle für jede Schülerin und jeden Schüler.
Für den Demonstrationsversuch werden nur Speichen genommen, da die Knochen einheitlich stark sein sollten. Die dünnen Speichenknochen stinken auch weniger beim Verbrennen und nach der Salzsäurebehandlung kann man sie mit etwas Geschick verknoten (siehe Abbildung).
Eine ausreichende Menge an Hühnerflügeln wird besorgt; man sollte mehr Flügel kaufen, als Knochen benötigt werden, da beim Schlachten oder dem Zerlegen manchmal Knochen gebrochen wurden. Die Flügel werden gekocht, bis sich das Fleisch leicht von den Knochen löst. Die grob abgeschabten Ellen und Speichen läßt man in Wasser mit etwas Spülmittel noch 15 Minuten kochen. Anschließend kann man mit einer Bürste die noch anhaftenden Fleischreste leicht entfernen.
Die Speichen (alle bis auf 4) werden gleich in verdünnte Salzsäure gelegt, zur Warnung mit einem Schild versehen und außer Reichweite von Kindern gestellt. Getrocknete Knochen sind schwerer zu entkalken, da sie schwimmen. Nach etwa 12 Stunden werden die Knochen herausgenommen und gründlich gewässert.
Die restlichen Knochen ( 4 Speichen und die Ellen) wurden inzwischen an der Luft getrocknet. Durch das Kochen in der Spülmittellösung wurde das Fett weitgehend entfernt, durch das Trocknen werden sie wasserfrei. Das ist für das Verbrennen wichtig, da verdampfendes Fett oder Wasser die Knochen sonst leicht platzen läßt.
Die Ellen werden nicht zu lange vor der Unterrichtsstunde mit einem Gasbrenner angezündet und verbrannt. Die Knochen sollten ohne weitere Wärmezufuhr verbrennen; wenn sie zu stark mit der Flamme ausgeglüht werden, zerbröseln sie leicht. Je einen Knochen schiebt man vorsichtig auf ein Quadrat aus Zeitungspapier, sammelt sie auf einem Tablett und gibt zu jeder der verkohlten Ellen eine gewässerte, gut abgetrocknete Speiche. Das Papier erleichtert das Austeilen an die Schülerinnen und Schüler.
Die Unterrichtsstunde
In einer kurzen Einführung begründet man die Untersuchung der Materialeigenschaften: Knochen sind hoch belastbar, können aber auch brechen, sie sind fest und dauerhaft, aber auch in ständigem Umbau begriffen. Sollen Gelenke oder Gelenkteile ersetzt werden, muß man nach einem Material mit ähnlich guten Eigenschaften suchen.
Es gibt ganz einfache und trotzdem aussagekräftige Untersuchungsmethoden. Man prüft, ob ein Stoff hart, wasserlöslich, brennbar ist, ob er schwimmt usw. Aus dem Sortiment der Möglichkeiten werden zwei ausgewählt: Brennt der Knochen ? und Wird er von Salzsäure aufgelöst ?
Vier Speichen werden den Schülerinnen und Schülern gezeigt und dann werden zwei mit einem Gasbrenner angezündet. Sie verbrennen ohne weitere Wärmezufuhr. Während die Knochen brennen und anschließend etwas abkühlen, berichtet man, daß man über Nacht zwei andere Knochen in Salzsäure gelegt hat. Diese beiden Speichen werden neben die beiden, die gebrannt haben, auf das Drahtsieb gelegt und den Schülerinnen und Schülern zusammen mit den gänzlich unbehandelten gezeigt. Sie stellen fest, daß die Form erhalten blieb, die Farbe sich etwas verändert hat.
Die bisherigen Untersuchungen werden als Verlaufsskizze an der Tafel festgehalten und in das Heft übertragen.
Zur Untersuchung der Materialeigenschaften werden jeder Schülerin und jedem Schüler die beiden vorbereiteten Knochen ausgeteilt. Man sollte darauf achten, daß die Untersuchungen von allen gleichzeitig vorgenommen werden. Man fordert die Kinder auf, den grauen Knochen, der in Salzsäure eingelegt war, leicht zu belasten. Anschließend wird der andere Knochen getestet. Die Ergebnisse beeindrucken die Schülerinnen und Schüler sehr; das Tafelbild wir ergänzt.
In einem Unterrichtsgespräch wird herausgearbeitet, daß Knochen aus zwei Stoffen bestehen: Einem Stoff (Kollagenfasern), der brennt, aber von Salzsäure nicht aufgelöst wird und einem anderen (eingelagerte Mineralsalze, vor allem Calciumsalze), der nicht brennt, aber von Salzsäure gelöst wird. Da in beiden Fällen die Form erhalten bleibt, müssen die Stoffe gleichmäßig verteilt sein. Der unbehandelte Knochen hat beide Eigenschaften (Verbundmaterial). Das Ergebnis wird notiert.
Geschlecht, Alter | Elle | Speiche |
Mann, 24 Jahre | 11,7 | 14,2 |
Mann, 49 Jahre | 7,8 | 8,0 |
Mann, 75 Jahre | 6,5 | 6,9 |
Frau, 24 Jahre | 7,9 | 11,8 |
Frau, 51 Jahre | 8,2 | 10,7 |
Frau, 74 Jahre | 7,8 | 9,1 |
Hausaufgabe
Die Tabelle gibt an (in mm), wie weit man den Knochen biegen kann; bei dem eingetragenen Wert bricht er. Skizziere den Versuchsaufbau und fasse die Ergebnisse in knapper Form zusammen.
/1/ Bucher, O. et al.: Cytologie, Histologie und mikroskopische Anatomie des Menschen. – Huber. – Bern, 1992. – S. 549
update 15. August 2001
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