Der nachfolgende Artikel ist in ähnlicher Form erschienen in: Unterricht Biologie 256, 2000. S.20-22
Vögel verbringen viel Zeit mit der Gefiederpflege. Die Tiere baden in Wasser, Staub oder Schnee, nehmen ein Sonnenbad und einige emsen sich sogar ein. Durch Kopf- und Körperschütteln, durch Flügel- und Beinstrecken, durch Kratzen mit dem Fuß und Bestreichen und Stochern mit dem Schnabel wird die natürliche Anordnung des Gefieders hergestellt. Rezeptoren, besonders die der Fadenfedern, informieren den Vogel über die Stellung der Federn.
Die meiste Zeit nimmt die Pflege der einzelnen Federn in Anspruch. Sie werden durch den Schnabel gezogen, vorsichtig beknabbert und eventuell mit Sekreten der Bürzeldrüse eingeölt. Dadurch wird die Federstruktur geordnet und wieder hergestellt, anhaftender Schmutz und Parasiten werden entfernt und durch das Öl wird nicht nur das Gefieder wasserdicht, sondern die Einzelfeder wird geschmeidig, bakterizid und fungizid.
Bei manchen Arten kann man ein gegenseitiges Gefiederputzen als Teil des Sozialverhaltens beobachten.
Diese Pflege kann die Abnutzung nur hinauszögern. Je nach Vogelart mausert sich das Tier ein- bis dreimal pro Jahr.
Bei der Pflege der Einzelfeder mit dem Schnabel wird die Feinstruktur geordnet. Der Schaft der Konturfedern des definitiven Federkleides trägt beiderseits eine Federfahne, die von dicht gereihten Strahlen gebildet wird. Der freie Teil des Stammes ist die Spule. Die Strahlen erster Ordnung oder Äste tragen Nebenstrahlen. Im Bereich der geschlossenen Fahne sind die Strahlen zum Schaft hin als Bogenstrahlen, zur Spitze hin als Hakenstrahlen ausgebildet. Die Hakenstrahlen stehen also einer benachbarten Reihe von Bogenstrahlen gegenüber und greifen mit ihren Häkchen in Rinnen der von ihnen überdeckten Bogenstrahlen ein. Auf diese Weise entsteht eine elastische, relativ luftdichte Federplatte mit vorgefertigten Trennlinien, an denen sie bei Extrembelastungen aufreißt.
Der Aufwand für die Pflege spiegelt die Bedeutung des Federkleides für den Vogel wider. In der Box sind, nach Funktionskreisen geordnet, eine Auswahl rein fachwissenschaftlicher Gesichtspunkte zusammengestellt.
Eine rein fachliche Begründung der Bedeutung des Themas (Box) kann, sei sie auch noch so umfassend, nur als Voraussetzung angesehen werden, reicht aber als didaktische Begründung eines Unterrichts nicht aus. Es sollten eine Reihe von Argumenten aus ganz anderen Feldern hinzukommen; sie sind in der folgenden Übersicht zusammengestellt.
Schülerinteressen |
Arbeitsweisen
sich um die Erarbeitung eines mikroskopischen Bildes bemühen,
diese Vorstellungen in eine Zeichnung umsetzen, |
Gesellschaftsrelevanz |
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Allgemeine Biologie |
Der Entwurf ist für eine Doppelstunde einer 6. Klasse konzipiert. Ausgehend von verschiedenen Beobachtungen wird von den Schülern ein Problem aufgeworfen, das nach der forschend - entwickelnden Methode gelöst wird. Das Anschauungsmaterial für die Beobachtungen sind Diapositive und Federn; das Problem wird von jedem Kind durch eine sebständige praktische Untersuchung gelöst.
Ausgangspunkt sind Diapositive von Vögeln und Federn, die nach ästhetischen Gesichtspunkten ausgewählt wurden. Nachdem man die Schönheit der Tiere und der Federn bewundert hat, wirft man die Frage auf, wie all die Herrlichkeit die harten Belastungen des täglichen Lebens übersteht. In einem Unterrichtsgespräch werden Situationen angesprochen, bei denen es zur Unordnung im Gefieder oder zu leichten Verletzungen der Federn kommen kann.
Wie leider so oft in der Schule steht am Anfang des Unterrichts eine "Ersatzbeobachtung"; die Diapositive der Vögel kann man sich z.B. aus Dossenbach und die der Federn aus GEO 5/99 erstellen. Wundervolle Bilder zur Gefiederpflege findet man in Burton. Bei der weiteren Untersuchung werden dann ausschließlich Originalobjekte untersucht.
Eine Situation, zu der es sicherlich leicht kommen kann, wird simuliert. Jeder Schüler erhält eine Konturfeder aus dem Flügel und eine Präpariernadel und überprüft, was passiert, wenn der Vogel mit einer Feder einen Dorn / Ast streift oder gar hängen bleibt. Um das Ergebnis hervorzuheben, kann man den kleinen Versuch mit einem Papierstreifen wiederholen.
Um zu sehen wie das makellose Aussehen wieder hergestellt wird, zeigt man eine Diaserie, die Vögel beim Baden und Sonnen mit ausgespreizten Flügel und bei der Pflege von Einzelfedern mit dem Schnabel zeigt. Jeder Schüler kann nun prüfen, was mit dem Spalt in der Feder passiert, wenn man die Äste zwischen Daumen und Zeigefinger ("Schnabel") hindurch zieht. Die Feder ist repariert !
Die Schüler stellen spontan die Frage, wie "das" funktioniert.
Im Laufe des lebhaften Gesprächs werden vielleicht auch schon die Hypothesen vorgebracht, dass ein Mechanismus wie beim Reiß- oder beim Klettverschluss vorliegen könnte.
Aus Zeitgründen sollte die Funktion von Reiß- und Klettverschluss nicht von jedem Kind untersucht werden, sondern an Hand einer Overhead-Projektion erörtert werden.
Durch den Schieber werden die Krampen an den beiden Bändern |
Das Hakenband wird gegen die verfilzte Kunststoffwatte |
An der Tafel werden Beobachtung, Fragestellung und Hypothesen festgehalten und von den Schülern in das Heft übertragen.
Die Schüler werden von sich aus – sie sind motiviert, da es ist ja ihre Frage ist – vorschlagen, eine Lupe oder ein Mikroskop zur weiteren Untersuchung zu benutzen, da die gesuchten Strukturen so klein sind.
Die Doppelstunde eignet sich ausgezeichnet, das Mikroskop einzuführen bzw. seine Einsatzmöglichkeiten zu demonstrieren. Es besteht für jeden Schüler nachvollziehbar eine Kontinuität zwischen der Beobachtung mit bloßem Auge, Lupe und Mikroskop; es sind schwache, mittlere und starke Vergrößerung nötig. Die Präparation ist einfach, ein Deckglas ist nicht nötig.
Die Schüler werden aufgefordert, die Feder ganz nahe an das Auge zu halten, um sie vergrößert zu sehen. Dabei stellen sie fest, dass ab einem bestimmten Abstand zum Auge (Nahpunkt) das Bild der Feder unscharf wird. Wenn man jetzt eine Lupe zwischen Feder und Auge bringt, erhält man ein scharfes, stärker vergrößertes Bild. Geht man so vor, ergeben sich von selbst die richtigen Abstände von Auge – Lupe – Objekt.
Mit der Lupe erkennen die Schüler, dass die Äste selbst wie "kleine Federn" aussehen – an ihnen befinden sich die Strahlen. Schüler werden aufgefordert, ein vergrößertes Bild an der Tafel zu skizzieren. Wenn eine große Tafel im Querformat vorhanden ist, können 6 – 8 Schüler gleichzeitig ein Bild anfertigen. Die Skizzen werden besprochen und anschließend mit einer projizierten Feder verglichen.
Die beste Abbildung wird beschriftet und eingerahmt, die anderen werden weggewischt. Der Lehrer zeichnet die Umrisse einer Konturfeder mit dem Stamm, beschriftet sie und zeichnet ein entsprechendes Rechteck ein, von dem aus er einen Pfeil zu der Ausschnittsvergrößerung zieht. Die Schüler übertragen das Tafelbild unter der Überschrift "Untersuchung" in das Heft.
Wenn die Schule ein Fotolabor besitzt und wenn es die Zeit erlaubt, kann ein Fotogramm angefertigt und später eingeklebt werden.
Mit der Lupenvergrößerung (10 fach), der schwächsten (32 fach) und selbst der mittleren Vergrößerung (100 fach) des Mikroskops lässt sich der Mechanismus nicht aufklären. Die Strahlen sieht man immer deutlicher, man erkennt, dass weitere Strukturen vorhanden sind – die genaue Feinstruktur bleibt aber noch verborgen. Erst eine stärkere Vergrößerung (400 fach) bringt Haken- und Bogenstrahlen zum Vorschein. Das Ziel wird erreicht, wenn jeder Schüler ein Mikroskop zur Verfügung hat, sich eifrig bemüht und beim Hineinschauen ständig fokussiert. Wieder werden mehrere Schüler gleichzeitig aufgefordert, ihre Entdeckung an der Tafel zu skizzieren. Die Bilder werden besprochen, das zutreffendste beschriftet, eingerahmt und mit der ersten Vergrößerung verbunden.
Als Unterpunkt "Ergebnis" wird mit einem Satz der Mechanismus beschrieben. – Das Problem ist gelöst, Feinstruktur und Funktion sind verbunden, aus einer starren Struktur ist in der Vorstellung ein dynamisches Gebilde geworden.
Nach der für die Untersuchung nötigen Reduktion auf ein Federstückchen sollte man nun wieder den ganzen Vogel in den Blick nehmen. Der Vogel kann nur seine Schönheit entfalten, sich wohl fühlen, am Leben bleiben, wenn seine fragile Federstruktur unbeschädigt bleibt. Gerade das aber ist bei der Massentierhaltung von z.B. Hühnern nicht gewährleistet. Bei jeder größeren Ölpest sterben tausende von Seevögeln, weil ihre Federn verkleben. Im Heft bleibt eine Seite frei und die Schüler werden gebeten, in den nächsten Wochen die Tageszeitungen nach Artikeln zu einem der beiden Problemfelder durchzusehen, durchzulesen und einzukleben. Zu einem späteren Zeitpunkt muss der Lehrer auf diese Aufgabenstellung zurückkommen.
Literatur:
Bossert, U.: Forschend-entwickelnder Biologieunterricht in der Sekundarstufe I. In: Biologie in der Schule 3, 1998, S. 154 – 158
Bossert, U.: Die schwierige Lage des Biologieunterrichts – Vorschläge zur Verbesserung. In: Biologie in der Schule. 5, 1998, S. 262 - 267
Burton, R.: Birdfeeder Handbook. Dorling Kindersley, London 1990
Dossenbach, H./M.: Das wundervolle Leben der Vögel. Welsermühl , Wels 1979
George, U.: Das Ideal des leichten Lebens. In: GEO 5, 1999, S. 16 - 52
21. August 2000 © Brigitte Bossert