Der nachfolgende Artikel ist erschienen in: Biologie in der Schule 49 (2000) 3. - S. 164
Hämoglobin befindet sich in den roten Blutkörperchen, Myoglobin in den Muskelzellen. Je nach Myoglobinkonzentration sind die Muskeln hell ( Huhn ), rot ( Rind ) oder fast schwarz ( Wal ).
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Nehmen Sie für die einzelnen Gewebe die folgenden Durchschnittswerte für den Sauerstoffpartialdruck [ mm Hg ] an:
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Es gibt Mäuse, bei denen das Myoglobingen dauerhaft abgeschaltet ist ( Knock-out-Mäuse ). Erstaunlicherweise sind die Tiere voll leistungsfähig.
Erklären Sie mit Hilfe der in der Tabelle zusammengestellten Messwerte, wieso die Herzmuskelzellen der Tiere auch ohne Myoglobin gleich leistungsfähig sind.
Maus mit Myoglobin | Maus ohne Myoglobin | |
Hämoglobinkonzentration [ g/dl ] | 13,3 ± 0,6 | 14,4 ± 0,5 |
Dichte der Kapillaren in der Herzwand [ mm-2 ] | 3110 ± 400 | 4140 ± 140 |
Basisblutfluss durch diese Kapillaren [ ml min-1 g-1 ] | 6,4 ±1,2 | 8,5 ± 2,4 |
Spitzenblutfluss durch diese Kapillaren [ ml min-1 g-1 ] | 16,8 ± 1,9 | 20,6 ± 1,3 |
Mitochondriendichte Herzmuskel [ vol % ] | 32,8 ± | 33,2 ± 2,8 |
Lösungshinweise
Zu 1.
Im Lungengewebe herrscht ein hoher Sauerstoffpartialdruck ( 105 mm Hg ). Unter diesen Bedingungen ist die Affinität hoch und das Hämoglobin der roten Blutkörperchen ist mit Sauerstoff gesättigt. Kommt das Blutkörperchen zum Muskelgewebe mit einem niedrigen Sauerstoffpartialdruck, so sinkt wegen des sigmoiden Kurvenverlaufs die Affinität und die Sauerstoffmoleküle werden abgegeben. Da in diesem Bereich die Affinität des Myoglobins schon sehr hoch ist, bindet es den freigesetzten Sauerstoff.
Zu 2.
Der Sauerstoff wird von den Mitochondrien ( Atmungskette ) verbraucht. Der Myoglobinspeicher dient als Puffer, falls der Nachschub über Lungen und Blutkreislauf einmal nicht ausreicht. Sind die Mäuse ohne Myoglobin voll leistungsfähig, sollten sie über eine verbesserte “Sauerstoffanlieferung“ verfügen. In diesem Sinn soll die Tabelle erklärt werden.
Der Schüler soll zeigen, dass er in der Lage ist, die Originalwerte mit den angegebenen Abweichungen sinnvoll zu interpretieren.
Die beiden Mäuse haben die gleiche Mitochondriendichte, die sie mit der gleichen Hämoglobinmenge versorgen müssen. Die Maus, die keinen Myoglobinzwischenspeicher besitzt, gleicht diesen Nachteil durch mehr und dichter liegende Kapillaren und damit durch eine Verkürzung der Diffusionswege und durch einen höheren Blutdurchfluss aus. Beachtet man die Fehlergrenzen, ist der Basisblutfluss ähnlich, die “Reserve“ ist aber höher. Der erhöhte Spitzendurchfluss reicht offensichtlich aus, einen erhöhten Bedarf sicher abzudecken. Die Hämoglobinmenge wird pro Zeiteinheit öfter be- und entladen.
Die Versuchsergebnisse gehen auf /1/ zurück.
Literatur
/1/ Gödecke, A.; et al.: Disruption of myoglobin in mice induces multiple compensatory mechanims.-In: Proc.Natl.Acad.Sci. USA 96 (1999).- S.10495-10500
23. April 2001
© B.Bossert